Liechtenstein kämpft weltweit gegen moderne Sklaverei

Unter der Schirmherrschaft des Fürstentums will die Uno illegale Finanzflüsse aufdecken. Menschenhändlern soll damit das Handwerk gelegt werden.

Günther Meier
Drucken
Damit der Kampf gegen die moderne Sklaverei und den Menschenhandel auch ausserhalb der Uno die erforderliche Beachtung erhält, nutzt Liechtenstein verschiedene Möglichkeiten, um die Initiative bekannt zu machen.

Damit der Kampf gegen die moderne Sklaverei und den Menschenhandel auch ausserhalb der Uno die erforderliche Beachtung erhält, nutzt Liechtenstein verschiedene Möglichkeiten, um die Initiative bekannt zu machen.

Carlos Barria / Reuters

Menschenhandel und Sklaverei gehören laut Angaben der Vereinten Nationen nach dem Waffen- und Drogenhandel zu den lukrativsten illegalen Geschäftsmodellen. Die Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) gehen davon aus, dass mit solchen Geschäften jährlich Profite von 150 Milliarden Dollar gemacht werden. Über 40 Millionen Menschen – Frauen, Männer und Kinder – leben nach weiteren Schätzungen in Verhältnissen, die faktisch mit Sklaverei vergleichbar sind: bei Beschäftigungen in der Landwirtschaft, in der Bekleidungs- und Ernährungsindustrie, in Bauunternehmen – oder durch sexuelle Ausbeutung.

Finanzinstitute spielen eine wichtige Rolle

Dabei unterliege die Sklaverei einem absoluten völkerrechtlichen Verbot, betont Claudio Nardi, Mitarbeiter im Amt für Auswärtige Angelegenheiten in Vaduz: «Sklaverei ist jederzeit, überall und ohne Ausnahme verboten.» Mit der Verabschiedung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung vereinbarte die Uno-Staatengemeinschaft, bis zum Ende des Planungszeitraums wirkungsvolle Massnahmen zur Bekämpfung von moderner Sklaverei und Menschenhandel umzusetzen. In diesem Zusammenhang hat der Sicherheitsrat laut Nardi insbesondere auf die Rolle internationaler Finanzinstitutionen hingewiesen, um die illegalen Finanzströme aufzuspüren und zu unterbrechen.

Weil Liechtenstein über einen international vernetzten Finanzplatz verfügt, lag es deshalb für die frühere Aussenministerin Aurelia Frick auf der Hand, im Rahmen der Uno eine besondere Initiative zu starten. Im Herbst 2018 traf sich daher in New York eine international besetzte Kommission, um über Massnahmen im Finanzbereich zu beraten. Das Gremium versammelte Persönlichkeiten aus dem Finanzbereich, globale Aufsichtsbehörden sowie Opfer von Menschenhandel und Kinderarbeit. Im Rahmen der Uno ist der unter der Schirmherrschaft Liechtensteins ausgearbeitete Massnahmenkatalog inzwischen als «Liechtenstein-Initiative» anerkannt, die auf Unterstützung zahlreicher Länder zählen kann.

Damit der Kampf gegen die moderne Sklaverei und den Menschenhandel auch ausserhalb der Uno die erforderliche Beachtung erhält, nutzt Liechtenstein verschiedene Möglichkeiten, um die Initiative bekannt zu machen: Jüngst präsentierte die neue Aussenministerin Katrin Eggenberger am Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos den Massnahmenkatalog der internationalen Kommission.

Aus der Arbeit der Kommission kristallisierten sich drei Schwerpunkte heraus: die Beachtung der Sorgfaltspflichten durch Finanzakteure bei der Entgegennahme von Geldern. Ferner Empfehlungen an Finanzinstitute bei Kreditvergaben und Investitionspraktiken, um die Finanzierung von Produktionen oder Dienstleistungen zu verhindern, in deren Lieferketten illegale Beschäftigungen oder Ausbeutungen vorkommen. Und schliesslich der Einbezug neuer Finanztechnologien wie Blockchain zur Verhinderung illegaler Geschäfte und zur Identifizierung von Verbrechern.

Bei der Bekämpfung von Sklaverei und Menschenhandel sei die Zusammenarbeit von Regierungen, der Finanzwelt und der Strafverfolgungsbehörden unerlässlich, gibt man sich in Liechtenstein überzeugt. Das Aussenministerium hat deshalb die mit der Ausarbeitung des Massnahmenkatalogs beauftragte Kommission als Public-privat-Partnership ausgestaltet, um Akteure des Finanzplatzes, gemeinnützige Stiftungen und Wirtschaftsverbände für die gemeinsame Zielsetzung um sich zu scharen. Die «Liechtenstein-Initiative» biete die Möglichkeit, die Expertise des Finanzplatzes zu nutzen und gleichzeitig den Finanzplatz in einer konstruktiven Rolle zu positionieren.

Verbesserte Reputation angestrebt

Die Unterstützung der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen wird gepaart mit dem Eigeninteresse Liechtensteins, die Reputation des Finanzplatzes international zu verbessern. Zu den Prioritäten der Aussenpolitik zählt neben den freundschaftlichen Beziehungen zu den Nachbarländern der Einsatz zum Schutz der Menschenrechte und zur Verbrechensbekämpfung auf internationaler Ebene.

Die begrenzten Ressourcen erforderten eine Fokussierung auf wenige Bereiche, die aber einen hohen Wahrnehmungswert in der Öffentlichkeit hätten, lautet seit Jahren die aussenpolitische Devise. Deshalb betreibe Liechtenstein eine Aussenpolitik, sagte die damalige Aussenministerin Aurelia Frick bei der Präsentation der «Liechtenstein-Initiative», die sich zum Ziel gesetzt habe, «mit den Mitteln des Kleinstaates das Maximum zu erreichen».

Mehr von Günther Meier (GM)

Weitere Themen